«Pavel Kraus, wie sollen wir mit dem Wissen in unserer Kirchgemeinde umgehen?»

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Hochschullehrer Pavel Kraus sagt: Wissen und Information sind zwei unterschiedliche Dinge. Es lohnt sich, gezielt dafür zu sorgen, dass die neue Pfarrerin nicht nur etwas über die Strukturen in einer Kirchgemeinde erfährt, sondern auch, wer wie funktioniert und mit wem man wie am besten umgeht. Wissensmanagement heisst das – und ist eher etwas Praktisches als für die Wissenschaft.

Von Lukas Huber

Pavel Kraus war in seiner Kirchgemeinde Liestal-Seltisberg Mitglied der Kirchenpflege. Er setzte sich dort dafür ein, dass Vergabungen nach klaren Kriterien gemacht werden.

In Strukturen denkt Kraus auch bei seiner Arbeit als Wissensmanager und Hochschullehrer. Der Ausgangspunkt der Beschäftigung mit dem Wissensmanagement ist die Erfahrung, dass in einer Organisation eine Person geht – und plötzlich weiss kaum jemand mehr, wie der Bereich funktionierte, für den sie zuständig war.

Seitdem Wissensmanagement ein Thema ist, setzte man auf Technologie: zuerst auf Datenbanken, heute auf künstliche Intelligenz. All diese Bemühungen haben sich laut Pavel Kraus als nicht zielführend erwiesen.
 

Wissen ist nicht gleich Information

Im Wissensmanagement unterscheidet man zwischen Wissen und Information. Wissen ist das, was ein Mensch zu einem Zeitpunkt im Kopf hat. Zur Information wird dieses Wissen, wenn es den Kopf der Person verlässt und auf passende Weise dokumentiert wird. «Wenn man diese Unterscheidung versteht, ist schon sehr viel gewonnen», sagt Kraus.

Wissensmanagement ist die Kunst «Conversation und Content» in der richtigen Balance zu halten. Es geht nicht ohne Gespräche, in denen Wissen geteilt und – am besten strukturiert – festgehalten wird. Zentral ist der Austausch. Dafür gibt es bewährte Methoden wie Fishbowl oder Open Space, sagt Kraus, es kann aber auch sinnvoll sein, eine Fachperson beizuziehen, die gezielt Fragen stellt und den Prozess anleitet. Wenn das gelingt, können dann Tools wie KI helfen, die Dinge zusammenzufassen und darzustellen.
 

Wissenstransfer bei Angestellten

In der Kirchgemeinde ist Wissensmanagement und Wissenstransfer ein Thema, das viele Verantwortliche kennen, auch wenn sie nicht mit dem Begriff vertraut sind: Ein Pfarrer tritt eine neue Stelle an oder wird pensioniert, die Nachfolgerin kommt erst nach längerer Vakanz. Wie klappt nun das «Onboarding» der neuen Person, wie Kraus den Stellenantritt und Amtsübergabe bezeichnet.

Der erste Schritt ist, dass die neue Person einen Datenträger bekommt mit Dokumenten, wie der Vorgänger Gottesdienste gestaltet hat oder in anderen Bereichen gearbeitet hat. Das ist aber nur der eine Teil. Viel Wissen ist nicht struktureller, sondern atmosphärischer Art, sagt Kraus: An wen wendet man sich, wenn man einen Raum mieten will, wer hat Probleme mit wem, wie muss man mit dieser oder jener Person umgehen.


Generationenaustausch in der Kirchgemeinde

Ein zweites Feld für Wissenstransfer sieht Pavel Kraus in Angeboten der Kirchgemeinde selber: Wenn es gelingt, Formate zu schaffen, in der sich Generationen treffen und ins Gespräch kommen, dann könne das für die ganze Kirchgemeinde ein grosser Gewinn sein.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs in der Episode von «Aufwärts stolpern» diskutieren die Hosts Anna Näf und Lukas Huber mit Gast Pavel Kraus, wie dieser Wissenstransfer konkret geschehen kann.

Der in der Episode erwähnte Aufsatz «Wie Wissensmanagement-Projekte nachhaltig scheitern. Auf dem Weg zu einer Erfolgslogik» findet sich auf Pavel Kraus’ Website.

Weitere Beiträge finden sich bei Linkedin.

Die ganze Episode kann man hier anhören