«Lasst die Kirche im Dorf!»

Gespeichert von ursula.eichenberger am

Jesus war ein Landei, sagt der amerikanische Pfarrer Donnie Griggs in seinem Buch «Small Town Jesus». Er stemmt sich damit gegen den Trend, vor allem an die Städte zu denken, wenn es um die Zukunft von Kirche geht. Die Kirchgemeinde auf dem Land ist auch das Thema von «Rural Church Rescue» von Jon Sanders.

Von Lukas Huber 

Gleich zwei Bücher über die Kirche im Dorf sind Thema im Podcast «Aufwärts stolpern»: Anna Näf und Lukas Huber besprechen ihre Erkenntnisse aus «Small Town Jesus» von Donnie Griggs aus dem Jahr 2016 und «Rural Church Rescue» von Jon Sanders (2018).

Beide Autoren sind/waren Pfarrer in amerikanischen ländlichen Gebieten. Beide betonen: Die Herausforderungen für Kirchgemeinden auf dem Land sind mindestens so gross – und bedeutend! – wie in der Stadt oder der Agglomeration. Griggs betont, dass laut den Evangelien Jesus nie in den angesagten Grossstädten Tiberias und Sepphoris war. Jesus war ein Landei und hatte einen ländlichen Akzent.
 

Das Dorf ist eine eigene Welt

Griggs glaubt nicht an die Trickle-Down-Theorie: dass man die Städte (und deren Kirchen) stärken muss und der dort erzielte Fortschritt dann langsam auch aufs umliegende Land heruntertröpfelt. Die Gemeinde auf dem Land ist eine ganz eigene Welt, der man auf spezifische Art gerecht werden müsse. So sei etwa der Spielraum für Fehler im Dorf deutlich kleiner als in der Stadt. Man begegnet sich auf dem Land immer wieder.

Donnie Griggs ist aber keiner, der das Land verklärt. Im ländlichen Raum gibt es sehr wohl Verhaltensweisen und Denkformen, die gut mit dem Evangelium zusammengehen, aber auch solche, die ihm diametral widersprechen, zum Beispiel Rassismus. Dass das Argument «wir von hier» alles andere schlägt, ist zumindest ambivalent; die Idee, dass in kleinen Orten nichts Grosses geschehen könne, gehört für Griggs zu den Themen, die die Kirche vor Ort bekämpfen muss. Allerdings reiche es nicht, auf der Oberfläche der Handlungen (und der Worte) zu bleiben; man müsse als Kirchgemeinde vor Ort die Mentalität dahinter verstehen, um sie wirkungsvoll zu überwinden.

Lukas Huber und Anna Näf reden in Episode 08-06 von «Aufwärts stolpern» auch über das Buch «Rural Church Rescue» des Pfarrers und Feuerwehrmanns Jon Sanders, Dieser nimmt als roten Faden seines Buchs das Akronym «Rescue» und schreibt über sechs Themen. Es gehe auch auf dem Land um die Mission der Kirche, sagt Sanders, nicht darum, ein kuscheliger Sozialverein zu sein.

Kontrovers diskutieren die beiden Hosts den zweiten Punkt von Sanders, dass Angestellte starke Führung ausüben sollten. Anna Näf bemerkt, dass in akuten Notsituationen klare Führungsstrukturen nötig seien, dass Sanders aber vielleicht zu stark von seinem Erleben in der Feuerwehr auf die Kirchgemeinde schliesst. Die meisten Kirchgemeinden sind nicht in einer akuten Notsituation – sondern eher in einer langsam vor sich hin schwelenden Krise, wie Lukas Huber ergänzt. Dem Punkt von Sanders, dass nicht zu viele Kommissionen das kirchliche Leben träge machen sollten, könne er schon zustimmen.

Die Vision muss Angst machen

Die dritte These von Sanders beschäftigt sich mit der Vision. Wenn die Vision dem Pfarrer und der Pfarrerin keine Angst mache, sei sie zu klein. Und wenn die Person, die für die Finanzen verantwortlich ist, keine schlaflosen Nächte habe, weil sie nicht wisse, wie die Vision finanziert werden soll: dann ist die Vision ebenfalls zu klein, sagt Sanders.

Die beiden Hosts sind sich speziell bei dem Thema Vision einig, dass einige Aussagen von Jon Sanders nicht nur für Kirchgemeinden im ländlichen Raum gelten. Zum Beispiel, dass es die Funktion einer starken Vision nicht nur ist, Menschen anzulocken, sondern auch, andere Menschen abzustossen. Oder die Grundregel für das Kommunizieren der Vision: Wenn es der Pfarrperson langsam zum Hals heraushängt, die Vision permanent zu wiederholen, beginnen die Leute erst, sie zu begreifen.

Sanders schreibt im weiteren davon, dass es auch auf dem Land gilt, Menschen zu gewinnen. Nicht hilfreich ist es, Mitarbeiter zu suchen mit dem Argument, es sei ein kleiner Job, der nur wenig Zeit in Anspruch nehme. Gute Leute seien schon beschäftigt – auch im Dorf. Ihnen müsse man eine grosse Herausforderung präsentieren und sie dann fragen, ob sie sie in Angriff nehmen wollten.

Zum Schluss der Episode geht es darum, dass es speziell im Dorf bei Veränderungen gilt, die Vergangenheit zu ehren – und dann mutig in die Zukunft zu gehen.

Hier kann das ganze Video angeschaut werden.

Die ganze Episode kann man hier anhören.

Eine deutsche Zusammenfassung des Buches "Small Town Jesus" finden Sie hier

Eine deutsche Zusammenfassung des Buches "Rural Church Resche" finden Sie hier