«Sommer im Feld» ist unser Experimentierraum, unser Freiraum, um auszuprobieren, in welche Richtung sich die Kirche entwickeln könnte, sagt Daniela Zillig im Podcast «Aufwärts stolpern» des Landeskirchen-Forums. Sie ist seit 2014 Präsidentin der Kirchenvorsteherschaft der Kirchgemeinde Flawil und hat seither viel erlebt – und bewegt.
Seit Jahren wird im Sommer der Park vor der Kirche umgestaltet zu einer Gastronomiezone, und im Portal der Kirche steht drei Monate lang ein Bartresen inklusive Geschirrspüler. Während dieser Zeit finden die kirchlichen Veranstaltungen an der frischen Luft statt: Gottesdienste und gemeinsame Essen, die Feldbeiz ist aber auch unter der Woche geöffnet und kann als Plattform von anderen Veranstaltern aus dem Dorf oder darüber hinaus genutzt werden.
Aufwärts-stolpern-Co-Host und Pfarrer Lukas Huber wendet ein, dass sich «seine» Kirche nicht für ein Projekt wie «Sommer im Feld» eignen würde. Daniela Zillig bestätigt, dass sie mit dem Aussenraum der Kirche Glück gehabt hätten, sagt aber auch: «Eine schwellenlose, gastliche Kirche kann man überall verwirklichen. Dafür braucht es nur einen Tisch und vielleicht etwas mehr als ein Glas Wasser.» Es brauche Menschen mit der richtigen Haltung. Eine veränderte Haltung zeigte sich im Fall der Kirchgemeinde Flawil darin, dass sie als erstes den Hag um das Gelände abrissen, damit man nicht den Eingang zu «Sommer im Feld» suchen müsse.
Viele Mitarbeiter sind nicht Kirchenmitglieder
Gegen 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten im Verlauf des Sommers mit: von den Personen, die Abtrocknungstücher waschen, über Menschen, die die gesamte Infrastruktur auf- und wieder abbauen, bis zu den Leuten hinter der Bar. Jeweils am Montag können sich die Interessierten in ein Terminumfrage-System eintragen. «Bei uns muss man sich nicht vier Monate im Voraus zu einem regelmässigen Einsatz verpflichten», sagt Zillig. Die Atmosphäre sei sehr familiär, nicht zuletzt, weil auch Eltern mitarbeiten können, während sie ihre Kinder auf dem Areal spielen lassen. Aber auch Kinder können mitarbeiten. «Sie erleben sich so als selbstwirksam, was ihr Selbstvertrauen stärkt. Und sie arbeiten dann auch bei anderen Anlässen mit.»
Dabei zeigt sich: In der Feldbeiz arbeiten sehr viele Menschen mit, die sonst nicht sehr engagiert sind in der Kirche. «Viele sind auch nicht Mitglieder der Kirche.»
Für die Angestellten der Kirchgemeinde Flawil habe sich aus dem Projekt «Sommer im Feld» eine Fokussierung der Arbeit ergeben. Wenn schon die ganze Infrastruktur stehe, lege man halt ein Erwachsenenangebot auf den Sommer. Und die Arbeitsbereiche der Angestellten hätten angepasst werden müssen.
Lange Geschichte
Doch wie kam es zu diesen Veränderungen? Nachdem die Kirchenvorsteherschaft in Flawil 2012 stark verjüngt und erneuert worden war, nahm sich die Behörde zuerst drei Jahre Zeit, um mit dem Beratungsunternehmen Generationenwelten von Lisbeth Zogg Hohn und Danielle Cottier zu überlegen, in welche Richtung sich die Kirchgemeinde entwickeln solle. Die Kirchgemeinde definierte das eigene Indentitätsprofil, die Betriebsorganisation, die Angebote, die Kommunikation und die Räume. Dieser Prozess nahm nicht nur viel Zeit in Anspruch, sondern es brauchte auch viel Kraft, sagt Zillig um möglichst viele der Gemeindemitglieder mit auf den Weg zu nehmen.
Alltagskirche, Kulturkirche, Lernkirche und Feierkirche: Diese vier Felder des Konzepts Generationenkirche sind jetzt in Flawil gleichwertig. «Im Zentrum steht ein niederschwelliger Begegnungsort.» Überall kommen Menschen zusammen, und die vier Arten von Kirche werden bewusst gepflegt. «Du bist der genau gleich gute Christ, wenn du nicht in die Feierkirche kommst, sondern in der Alltagskirche tätig bist.»
Verbunden damit ist eine intensive Beschäftigung mit verschiedenen Zielgruppen und ihren Bedürfnissen. «Was bedeutet es, wenn man die Kirche mit einem Kinderwagen fast nicht betreten kann oder der Rollator in der Türe stecken bleibt?»
Aus diesen Überlegungen hätten sie eine Art Landkarte erstellt, in der eingezeichnet wurde, was gut läuft und welches Angebot angepasst werden sollte. Wichtig war, dass ein Angebot auch scheitern darf. Aus diesen Überlegungen entstanden auch mehrere Bauprojekte, die zurzeit angegangen werden.
Co-Host Anna Näf fragt Daniela Zillig, wie sie als Angestellte und Kirchenvorsteherschaft die Freiwilligen begleiten. Wichtig sei, dass die Angestellten die mühsame Arbeit machen wie Sitzungen einberufen und Protokoll schreiben, damit die Freiwilligen ihre Talente und ihre Zeit dort einsetzen, wo es ihnen entspricht. Zudem haben die Nicht-Angestellten viel Freiheit, ihre Arbeit selbstbestimmt zu machen.
Das alles und noch viel mehr erzählt Daniela Zillig im Podcast.
Das Konzept der Generationenkirche wird gut beschrieben im Buch «Gastliche Kirche» von Lisbeth Zogg Hohn und Danielle Cottier.